Heute sollte es soweit sein, Chico durfte für einen Tag zu uns nach Hause kommen. Seit Tagen schon war die ganze Wohnung voll mit Hundespielzeug, Näpfen und einem kuscheligen Körbchen. Von der Kuscheligkeit habe ich mich persönlich überzeugt. Meine notwendige Körperhaltung war nicht komfortabel, aber das Körbchen ist weich genug für den Kampfkrümel. Wir sind – zumindest für einen Samstag – früh aufgestanden und haben uns auf den Weg ins Tierheim gemacht. Den Weg hatten wir in den letzten Wochen so oft zurück gelegt, dass wir ihn blind fahren konnten.
Am Tierheim selbst ging alles sehr schnell, der Ablauf war mittlerweile gewohnt routiniert. Chico wurde durch eine Mitarbeiterin des Tierheims angezogen, zog die Mitarbeiterin dann hinter sich her durchs Tierheim und begrüßte uns überschwänglich. Diesmal allerdings ging es nur kurz an die Wiese, um den ersten Druck loszuwerden, und danach in Jennys vorbereitetes Auto. Keiner konnte uns sagen, ob Chico jemals Auto gefahren ist, ob er es mag oder durchgehend jault oder ihm vielleicht sogar schlecht wird, also mussten wir es einfach ausprobieren.
Wir kamen ganze 300m zur nächsten Bushaltestelle, bis er das erste Mal über die Rückenlehne gesprungen war und voll im Gurt und seinem Geschirr hing. In der Hoffnung, ihn beruhigen zu können, bin ich auf die Rückbank geklettert. Nicht gerade die ideale Position, so halb im Kofferraum und halb auf der Rückbank, aber ich konnte nah bei Chico sein und ihm damit ein wenig die Aufregung nehmen. Die Tatsache, dass wir ewig im Stau standen, war nicht förderlich. Alles in allem hat der Kleine die erste Fahrt aber wacker ertragen.
Zuhause angekommen konnte Chico erstmal selbstständig die Wohnung erkunden und alle neuen Eindrücke aufnehmen. Wobei da gar nicht so viel Selbstständigkeit war, im Grunde ist Chico uns Schritt auf Schritt gefolgt. Die eine oder andere Runde um den Küchentisch, Rundlauf um das Sofa bis in die entlegensten Ecken der Wohnung, Chico war immer wenige Zentimeter hinter uns und behielt uns sehr genau im Blick. Das Körbchen schien genau richtig gewählt, Chico hat es mit seinem gerade entdeckten Spielzeug direkt akzeptiert.
Mit einiger Nervosität bereiteten wir uns auf den ersten gemeinsamem Spaziergang im Lochbachtal vor. Leider konnte ich bisher die Sachkundeprüfung nicht ablegen und deshalb auch Chico nicht an der Leine führen. Unsere Erwartung, von vielen Passanten skeptisch oder sogar abwertend beäugt zu werden weil wir einen Pitbull mit Maulschlaufe an der Leine haben und keinen Dackel, Labrador oder Mops, wurde so gar nicht erfüllt. Hundehalter bzw Menschen, die sich mit dem Thema befasst haben, reagierten positiv auf den kleinen hübschen Kerl, viele hatten im Bekannten- oder Freundeskreis auch Listenhunde und konnten sich so vom erstmal freundlichen und verschmusten Wesen überzeugen, das dem per se aggressiven Bild der Medien keineswegs entsprach.
Viel schneller als uns lieb war, wurde es Abend. Der Probetag war ohne Übernachtung, also mussten wir bis spätestens 18 Uhr Chico zurück ins Tierheim bringen. Ob Chico durch die ganzen neuen Eindrücke total fertig war oder ob er sich schnell an Situationen anpassen konnte, war uns nicht ganz klar. Die zweite Autofahrt an diesem Tag war auf jeden Fall viel entspannter. Er lag im Kofferraum auf der Wolldecke und döste friedlich vor sich hin.
Am Tierheim durften wir ihn in seine Box bringen, ihm seinen vorbereiteten Fressnapf runter stellen und schon waren wir abgemeldet. Es ist vermutlich sehr egoistisch und ein wenig absurd, aber ich hatte gehofft, dass ihm der Abschied genau so schwer fallen würde wie uns. Aber klar, die innige Bindung braucht ihre Zeit, um sich zu festigen. Umso besser, dass wir bereits morgen früh zum Sozialisierungs-Spaziergang wieder kommen wollen 😉